Alles Neu heißt es beim diesjährigen Salone del Mobile in Mailand von 18. bis 23. April. Mit Maria Porro steht eine dynamische junge Frau voller neuer Ideen an der Spitze der internationalen Möbelmesse. Das Mailänder Atelier für Kommunikationsdesign Milano Leftloft und Gio Pastori, Illustrator und Collagist der Mailänder Millennial-Kunstszene verpassen dem Salone eine neue Kampagne mit einprägsamer Formensprache. Knallig-Bunt präsentiert sich so ein erfrischend anderes Erscheinungsbild für ein neues Alphabet des Designs.
Gegenwart und Zukunft, Innovation und Kontinuität – zwischen diesen konzeptuellen Ebenen sollte ein visuelles Gleichgewicht hergestellt werden. Eine zeitgemäße, vor allem aber unmittelbare und universelle Ausdrucksform war zu gestalten. Dafür ging man zu den Ursprüngen der Werbung zurück, als die Grafik überwog und das künstlerische Element und die Zeichnung noch dominierte. So entstand die Idee eines neuen Design-ABCs.
Nun erzählen sechsundzwanzig farbenfrohe Poster, eines für jeden Buchstaben des Alphabets, der jeweils für ein Einrichtungsstück mit Archetypform steht, vom Salone und seinen Objekten. Ein ABC, das in einfacher Form, wie Munaris Alfabetiere, aus absoluten Formen besteht und durch den Einsatz von Licht und reinen, intensiven Farbnuancen belebt wird. Darauf liest man etwa: „Do you speak design?“ („Sprechen Sie Design?“) A etwa steht für armchair (Sessel), B für bookcase (Bücherregal), C für chair (Stuhl), etc. entstanden ist ein spielerisches, allen vertrautes Alphabet.
Universelle Sprache des Design
„Design als Sprache, die allen Kulturen der Welt gemeinsam und daher universell ist. Das ist der Grundgedanke der neuen Kampagne des Salone del Mobile, die zum einen die Aufmerksamkeit wieder auf die Archetypen der Gestaltung lenken und zum anderen die Bedeutung des Dialogs und der möglichen kulturellen Kohäsion auf der Grundlage der universellen Sprache des Designs aufzeigen soll, die von den hundertausenden Personen gesprochen wird, welche sich während dieser Woche in Mailand treffen“, so kommentiert Maria Porro, Präsidentin des Salone del Mobile Milano, das neue Konzept.
Für die Euroluce – zum Thema Licht – hingegen hat man sich entschieden die Ausstellungsräumlichkeiten als eine magische, leuchtende Hülle, die das Licht der Welt in sich aufgenommen haben, darzustellen. Nicht nur die technische, gestalterische und geschäftliche Seite der Biennale, sondern die emotionale Ausstrahlung dieses für Design und Architektur so wesentlichen Elements soll man hier nach und nach auf neue ungewohnte Weise entdecken können.
Objekte lesen lernen
Gio Pastori verlieh dem neuen Design-Alphabet die entsprechende Farbe; dessen Intuition, Sensibilität und Talent schaffen unerwartete Räume. Der 1989 geborene Pastori arbeitet in erster Linie mit Papier und Schere und nicht mit digitalen Mitteln. Diese Scherenschnitttechnik ist auch sein Markenzeichen. Er schneidet, trennt, näht, ordnet an, klebt. Daraus entstehen geometrische Collagen, die fröhlich und spritzig, frisch, mit einer gewissen Leichtigkeit, aber dennoch scharf und intelligent sind. Er hat allen Plakaten des Salone ein energiegeladenes Antlitz mit einer einzigartigen, neuen Dynamik zu verliehen.
„Ein ABC mit Objekten zu illustrieren, ein Medium, das dazu einlädt, diese Objekte wieder „lesen“ zu lernen, ihre Seele zu betrachten und sich von Trends und Marken zu befreien“, erklärt Gio Pastori.
Wie ein Alphabet ist auch der Mailänder Salone del Mobile ein System von Verbindungen und Möglichkeiten, ergänzt Porro, „aber auch eine Emotion. Er überträgt Energie, Positivität, Einfallsreichtum und all das Licht, das in den für die Euroluce geschaffenen Plakaten die Tür zu einem magischen Raum öffnet. Das alles sind Suggestionen, die die poppigen und zeitgenössischen Collagen von Gio Pastori zu vermitteln verstehen“.
Salone reloaded
Mit positiver und konstruktiver Energie wurde das Messeformat in die Zukunft getragen, um auch weiterhin einen Mehrwert für die gesamte Designgemeinschaft zu schaffen. Drei wichtige Neuerungen charakterisieren die diesjährige Veranstaltung:
Allen voran gibt es nunmehr eine einheitliche Ausstellungsebene; die Ausstellerstände der oberen Hallen (8-12, 16-20) hat man in die unteren Hallen verlegt, nicht zuletzt um die Nutzung und das Besuchserlebnis zu vereinfachen, zu verbessern und aufzuwerten. Das neuen Layout der Euroluce wird mit einem ringförmigen, gut zugänglichen und besser vernetzten Rundgang, den Menschen und die Nutzung der Messe wieder in den Mittelpunkt stellen. Interdisziplinäre und erlebnisorientierte Inhalte von der Architektur bis zur Kunst sowie Ausstellungen, Vorträge, Workshops und ortsspezifische Installationen sollen über die reine Produktpräsentation der Aussteller hinausgehen und die Besucher zum Verweilen und Reflektieren einladen.
Die Idee einer Messe auf einer einzigen Ebene soll die Besucherströme erleichtern. „Wir haben das Innere der Hallen fast nach städtebaulichen Kriterien gestaltet. Ausgehend von der Euroluce, der Biennale, die der Welt des Lichts gewidmet ist und sich in den letzten Jahren so tiefgehend verändert hat, haben wir die Rundgänge neu gestaltet und dafür die Messeflächen der Ausstellerfirmen mit interdisziplinären kulturellen Inhalten über die Beziehung zwischen Licht, Architektur, Kunst und Wissenschaft integriert. Das ist eine Metamorphose, die sich in der Zukunft auf den gesamten Salone auswirken wird, dessen Ziel es ist, einen Beitrag zur Neugestaltung des Messemodells zu leisten“, präzisiert Maria Porro. Und schließlich soll die kulturelle Komponente in die Räume der Lichtbiennale Einzug halten: interdisziplinäre und erlebnisorientierte Inhalte von der Architektur bis zur Kunst werden Ausstellungen, Vorträge, Workshops und ortsspezifische Installationen umfassen. Ein Highlight des Ausstellungsprogramms widmet sich einer der wichtigsten zeitgenössischen Architektur-Fotografinnen: „Hélène Binet. Natura, tempo e architettura“. Kuratiert von Massimo Curzi zeigt die Ausstellung in Halle 11 einen Überblick ihrer Arbeiten, die der Verbindung zwischen natürlichem Licht und Architektur und den Phänomenen Natur und Zeit gewidmet sind.
Mit „Fiat Bulb. La sindrome di Edison“ wird der simplen Glühbirne in Halle 15 der rote Teppich ausgerollt. Eine Geschichte der zeitgenössischen Glühbirne zwischen Kunst und Design, zeigt anhand einer ganze Reihe von Glühbirnen, ausgehend von ihrer primären und pragmatischen Verwendung, wie diese sich in verwirrende Objekte und kleine experimentelle, überraschende und paradoxe Installationen verwandelt.
„Albe. Luce di domani“ ist eine Ausstellung (Halle 9, Kurator: Matteo Pinola), in der der Rolle des Nachthimmels mit seinen unendlichen Sternen und der Taghimmel mit unserer Sonne jene Palette bilden, mit der das Design experimentiert. Als „künstliche Sterne“ könnten all die leuchtenden Vorrichtungen, die die zeitgenössischen „Designer-Astronomen“ erforschen gelten, es entstehen Objekte, die leuchtende Ereignisse, kreisende Sphären, reflektierende Oberflächen, schillernde Finsternisse, farbige Polarlichter und himmlische Farbtöne präsentieren.
„Interno Notte. Artifici luminosi“ schließlich, eine Ausstellung (Halle 15), die Michele Calzavara kuratiert, zeigt Bilder von Innenarchitekturen, in denen das künstliche Licht die Hauptrolle spielt.
Den diesjährigen 24. SaloneSatellite werden etwa 550 junge Nachwuchs-Design-Protagonisten bespielen. In den Euroluce-Hallen 13-15 wird also auch Neues zur Zukunft des Designs zu sehen sein. Unter dem Thema „Design Schools – Universities / Building the (im)possible. Process, Progress, Practice“ stehen im SaloneSatellite Designschulen und -universitäten im wohlverdienten Rampenlicht. Man möchte so den bedeutenden Beitrag hervorheben, den die unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen zur Ausbildung neuer Designer und damit vor allem auch zur Entwicklung des Designs schlechthin geleistet haben und weiterhin leisten.