Zum sechsten würdigte der Global Holcim Award für nachhaltiges Bauen, weltweite Projekte nachhaltigen Designs mit einem Preisgeld von insgesamt 2 Millionen US-Dollar. Übergeben wurden die Auszeichnungen für Projekte aus den Regionen Asien-Pazifik und Naher Osten, sowie aus Kolumbien und die Schweiz, im Rahmen der Architektur Biennale Venedig 2021.
Die für den Global Holcim Award eingereichten Projekte werden in zwei Durchgängen bewertet: In einem ersten Schritt begutachten unabhängige internationale Expertenjurys die Einreichungen aus den Wettbewerbsregionen Europa, Nordamerika, Lateinamerika, Naher Osten, Afrika und Asien-Pazifik, wobei der ganzheitliche Nachhaltigkeitsansatz entscheidend ist. Dieser basiert im Rahmen der Holcim Awards auf den fünf Säulen: „Progress, People, Planet, Prosperity und Place“. Nur jene Projekte, die alle fünf Anliegen am konsequentesten und kohärentesten adressieren, werden dann zuerst auf regionaler Ebene prämiert und qualifizieren sich somit für die zweite Wettbewerbsphase: die Global Holcim Awards, bei denen die Einreichungen von einer globalen Jury, 2021 unter dem Vorsitz von Hashim Sarkis (Libanon/USA) bewertet werden.
Für die zweite Bewertungsphase mussten die Teilnehmer zusätzliches Material einreichen, darunter detaillierte Informationen zum CO2-Fußabdruck ihres Projekts über den gesamten Lebenszyklus sowie dessen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. 33 Projekte haben sich für die Global Holcim Awards qualifiziert. Die Jury entschied sich schließlich für vier Awards, die mit einem Gesamtpreisgeld von 350.000 US-Dollar dotiert sind. Die Global Holcim Awards Bronze gingen ex aequo an zwei Gewinner. Die Siegerprojekte befinden sich in Kolumbien, Marokko, der Schweiz und in Vietnam. Darüber hinaus gingen vier Sachpreise an Australien, Cabo Verde, Jordanien und die Philippinen.
Den Klimawandel bekämpfen
Das Thema Nachhaltigkeit ist im Bauwesen von herausragender Bedeutung. Angesichts des Klimawandels und knapper werdender Ressourcen sind entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Bauwirtschaft neue Ansätze auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen und Kreislaufwirtschaft gefragt. Diese Entwicklung und eine Anwendung dieser neuen Ansätze haben sich die Holcim Awards zur Aufgabe gemacht.
Wie intensiv sich Fachleute aus den Bereichen Architektur, Ingenieurwesen, Stadtplanung, Materialwissenschaft, Bautechnik und verwandten Disziplinen mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzen widerspiegelt die große Zahl der Beiträge: Im Rahmen der 6. Ausgabe des Wettbewerbs wurden insgesamt 4.742 Projekte aus 134 Ländern eingereicht, rund die Hälfte davon in der Kategorie „Next Generation“, die mutige Ideen und visionäre Konzepte von Teilnehmern bis 30 Jahren sucht. Die 21 Gewinnerprojekte dieser Kategorie wurden Anfang 2021 in virtuellen Zeremonien bekannt gegeben. Die 33 Gewinner der Hauptkategorie der regionalen und globalen Wettbewerbe wurden zur Internationalen Architekturbiennale in Venedig eingeladen.
Herausforderungen annehmen
Die hohe Qualität der von der Jury der Global Holcim Awards bewerteten Projekte war unbestritten – schließlich hatten alle 33 Projekte in ihrer jeweiligen Region bereits Preise gewonnen. Dennoch haben „sämtliche Projekte seit der regionalen Phase bemerkenswerte Fortschritte gemacht“, sagte Marilyn Andersen, die Leiterin des akademischen Komitees der Holcim Foundation und Mitglied aller fünf regionaler Jurys sowie der globalen Jury. „Einige Projekte zeigen, dass selbst das, was wir zerstören oder wegwerfen, einen Wert hat“, sagt Andersen. „Andere unternehmen wertvolle Versuche, ganze Ökosysteme aufzurüsten und damit menschliche Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.“ Auch wird darauf abgezielt, kulturelle Traditionen und Besonderheiten zu bewahren aber vor allem auch in die Zukunft zu tragen. „Besonders berührend waren die Projekte, die sich mit der Resilienz von Menschen in Notlagen beschäftigten“, unterstreicht Andersen. Insgesamt wurden die vielfältigen Herausforderungen des nachhaltigen Bauens deutlich, von Energie- und Abfallmanagement über Fragen der Flächennutzung und -sanierung, lokale Kultur und Handeln, Materialien und deren Wiederverwendung bis hin zu Technologie und Politik.
Zirkulares Bauen
Der Global Holcim Award 2021 in Gold ging an das Projekt „Extending the Cycle“ in Winterthur, Schweiz, ein Gebäude, das hauptsächlich aus geborgenen Materialien gebaut wird. Die Gewinner sind Marc Angst, Michèle Brand, Barbara Buser, Pascal Hentschel, Benjamin Poignon, Kerstin Müller von baubüro in situ, Basel, Schweiz.
Dieses Projekt definiert den Ausgangspunkt des Entwurfsprozesses neu, indem es den Abriss als Gelegenheit zur Beschaffung von Baumaterialien betrachtet. Ein Industriegebäude wird erhalten, umfunktioniert und um 3 Stockwerke auf 12 Wohneinheiten erweitert. Die zusätzlichen Stockwerke werden aus Materialien gebaut, die von Abrissstandorten zurückgewonnen wurden. Der Designprozess begann mit der Sammlung geborgener Bauelemente und Materialien. Anschließend wurden die Materialien katalogisiert und ihr Wiederverwendungspotenzial ermittelt.
„Das Projekt als solches hat in der Welt der Architektur keinen großen Einfluss“, sagt Preisträgerin Barbara Buser, „aber es ist das Denken über Architektur, über Bauen, über Partizipation, das sich weltweit ändern muss.“ Die Jury der Global Holcim Awards lobte dieses Projekt sehr für die disruptive Bauweise, die zur Realisierung klimaneutraler Gebäude und Modelle der Kreislaufwirtschaft im Bereich Design und Bau ermöglichen soll. Das Projekt zeigt, wie viel Potenzial in abgerissenen Gebäuden steckt, wenn demontierte Elemente als Bauteile für Neubauten wiederverwendet werden. „Das Projekt wendet Zirkularität im Bauwesen nahezu perfekt an“, lobte Jurymitglied Marilyne Andersen.
Symbiose zwischen Mensch und Natur
Über die Holcim Award-Auszeichnung in Silber durften sich Edgar Mazo, Sebastian Mejía und das Team von Connatural, Medellín, Kolumbien, freuen. Das Projekt „Wetland Vitality“ zielt darauf ab, die Feuchtgebiete von Jaboque zu konsolidieren. Die Konsolidierung erfolgt entlang einer 5,5 km langen linearen Parkanlage, die Erholungs- und Naturgebiete integriert und Bildungsmöglichkeiten für die Gemeinde bietet. Die artenreichen Pflanzen dieser Landschaftsplanung wurden nach ihrer Wirkung auf das Ökosystem und ihres Potenzials zur Stärkung der Feuchtgebietsflora und -fauna ausgewählt.
„Das Projekt verkörpert nachhaltige Konzepte durch unterschiedliche Ansätze“, erläutert Preisträger Sebastian Mejía. „Es stellt die angestammte Beziehung zwischen Menschen und ihrem Territorium wieder her. Außerdem zielt es darauf ab, eine symbiotische Beziehung zwischen Feuchtgebieten und Stadtentwicklung herzustellen und die Erhaltung und Stärkung dieser grundlegenden Ökosysteme für die Anpassung an den Klimawandel sicherzustellen.“ Die Jury der Global Holcim Awards befand, dass das Projekt eine weise, nachhaltige, pluralistische und partizipatorische Logik berücksichtigt, die darauf abzielt, eine bereits lange verlorene Beziehung zwischen lokalen Gemeinschaften und Natur durch die Wiederherstellung von Feuchtgebieten wiederherzustellen. „Wirklich beeindruckend ist, wie viel Mühe und Recherche in die Details geflossen ist, um herauszufinden, was genau benötigt wird“, betont Andersen.
Ressourcen bewahren
Die Global Holcim Awards 2021 Bronze wurden ex aequo an zwei Entwürfe vergeben:Zum Einen an „Cultural Interlude“: Ein autarkes Zentrum zur Bewahrung des Stammes-Kulturerbes in M’hammid El Ghizlane, Marokko. Gewinner: Aziza Chaouni, Aziza Chaouni Projects, Fez, Marokko & Kanada. Dieses Projekt zielt darauf ab, das lokale Leben und die Kultur in der Oase im Drâa-Tal im Süden Marokkos, die ihre Bewohner und mit ihnen ihr Erbe verliert, mit der Schaffung eines sich selbst erhaltenden Kulturzentrums zu bewahren. Es umfasst traditionelle Konstruktionen mit geeigneten Technologien wie Solarkamine und solarbetriebene geothermische Systeme sowie passive Systeme wie Komposttoiletten und Regenwassernutzung für Haushalts- und Bewässerungszwecke.
„Das Projekt liegt in der Sahara am Rande einer trockenen Oase, der es an Wasser mangelt, und somit nachhaltig sein muss“, erklärt Preisträgerin Aziz Chaouni. „Es muss seine eigene Energie erzeugen, sein eigenes Wasser sammeln und dieses auf sehr effiziente Weise verteilen, um jeden einzelnen Wassertropfen zu nutzen.“ Die Jury der Global Holcim Awards würdigte die lobenswerte Absicht, das Problem der Vertreibung von Stammesgemeinschaften aufgrund der Bedrohung durch den Klimawandel anzugehen, indem eine Designlösung den Menschen ermöglicht, in ihrer Heimatstadt verwurzelt zu bleiben und ihre Traditionen zu bewahren. „Dieses Projekt kombiniert viele verschiedene Elemente zu einem Ganzen, das einem größeren Zweck dient“, fasst Marilyne Andersen zusammen.
Ex Aequo geht die zweite Auszeichnung in Bronze an
„Propagated Sanctuary“: Die Kultivierung eines städtischen Waldes und wirtschaftlicher Katalysator in Hanoi, Vietnam von Marek Obtulovic, Nguyen Duc Trung, Mai Lan Chi und Team, ODDO Architects, Hanoi, Vietna.
Eine große Gruppe Freiwilliger plant, den subtropischen Wald auf Banana Island, einer 26 Hektar großen Insel im Roten Fluss, wiederherzustellen. Durch das Pflanzen endemischer Bäume und Pflanzen zielt das Projekt darauf ab, üppiges Grün in das städtische Gefüge einzuführen, die CO2-Emissionen zu reduzieren und die Anzahl einheimischer Arten zu vervielfachen. Die Flora soll es den Tieren ermöglichen, in ihren natürlichen Lebensraum zurückzukehren, und zielt dabei darauf ab, die regionale Biodiversität zu fördern. Ein pädagogisches Erholungsgebiet für die Einwohner von Hanoi und ein Freiluftlabor für interessierte Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen soll so entstehen. „Wir wollen einen Teil der Insel wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzen“, erklärt Preisträger Marek Obtulovic. Die Jury lobte die Art und Weise, wie Landschaftsgestaltung zur Integration städtischer und natürlicher Umgebung eingesetzt wird. Dieser Vorschlag stelle, so die Jury, einen mutigen Akt der Sensibilisierung gegenüber grüner Infrastruktur in Vietnam.
Die Jury 2021
Vorsitzender der unabhängigen Jury, die die Projekte auf globaler Ebene bewertete, war Hashim Sarkis (Dekan der School of Architecture & Planning, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, MA, USA). Der Jury gehörten Angelo Bucci (spbr arquitetos und Professor of Building Design, Universidade de São Paulo, Brasilien), Bruce Gibbons (Thornton Tomasetti, USA), Anne Lacaton Lacaton & Vassal Architectes, Frankreich) und Mun Summ Wong (WOHA, Singapur ) an ). Marilyn Andersen (Professorin für nachhaltige Bautechnologien, EPFL Lausanne, Schweiz), Maria Atkinson AM (Green Building Council of Australia), Meisa Batayneh Maani (Maisam Architects & Engineers, Jordanien) und Brinda Somaya (Somaya & Kalappa Consultants, Indien) vertraten als weitere Jurymitglieder den Vorstand und das akademische Komitee der Stiftung.
Die Holcim Foundation for Sustainable Construction wurde 2003 von Holcim als unabhängige juristische Person gegründet, um das Bewusstsein für die wichtige Rolle zu schärfen, die Architektur, Ingenieurwesen, Stadtplanung und Bauindustrie für eine nachhaltige Zukunft spielen. Der Holcim-Konzern ist ein weltweit agierendes Unternehmen für innovative und nachhaltige Gebäudelösungen und treibt die Kreislaufwirtschaft als weltweit führendes Recyclingunternehmen voran, um mit weniger mehr zu bauen.
Weitere Informationen zu den preisgekrönten Projekten und ihren Entwurfsteams inklusive eines Films der feierlichen Preisverleihung, virtuelle Präsentationen aller Gewinnerprojekte, einschließlich detaillierter Beschreibungen, Videos, Juryberichte und Statements der Autoren sowie zahlreiche Illustrationen sind unter www.holcimfoundation.org/awards verfügbar. Zudem enthält das neuste Buch der Holcim Foundation ausführliche Interviews mit den preisgekrönten Autoren: www.holcimfoundation.org/publications.