Nachhaltig zu bauen, wird in Zukunft nicht mehr genügen. Der stetige Wachstumsdruck bei gleichzeitiger Verknappung der Rohstoffe und dem Ansteigen der Emissionen erfordern ein komplettes Um- und Neudenken. Der Innovationspreis für Architektur und Stadtentwicklung, Superscape macht sich an internationalen Universitäten, Fachhochschulen oder Akademien aufgefordert auf die Suche nach zukunftsfähigen Entwürfen von Absolvent:innen im Bereich Architektur, Landschaftsarchitektur, Raumplanung oder Design.
Bereits zum sechsten Mal suchte Superscape nach visionären Zukunftsblicken und gestalterischen Experimenten, die auf diese Herausforderungen eingehen und Lösungsszenarien aufzeigen.
Superscape, ist ein Gemeinschaftsprojekt des gemeinnützigen Bauträgers WBV-GPA Wohnbauvereinigung für Privatangestellte und des privaten Bauträgers Lenikus Immobilien. 82 Konzeptskizzen von Teilnehmer:innen aus 22 Ländern sind zum diesjährigen Thema „Form follows environment – Regenerative Architektur“ eingelangt. Der Superscape 2024 war auf der Suche nach zukunftsfähigen Entwürfen für Architektur und Stadtplanung, wobei Regenerative Prinzipien als zunehmend wesentlicher Bestandteil von Architektur und Stadtplanung berücksichtigt sein sollten. Die Form, die der Umwelt folgt, bedeutet, dass Architektur, als Erweiterung des Ortes, des Geländes, der Flora und Fauna ebenso wie des Ökosystems zu verstehen ist. Die entworfenen Konzepte sollen ökologische Schäden umkehren und sich positiv auf die natürliche Umwelt auswirken. Statt klimaneutral heißt das Ziel klimapositiv.
Es galt, innovative Potenziale und Problemlösungen der Architektur und Stadtplanung auszuloten sowie visionäre Zukunftsblicke und gestalterische Experimente zu wagen, die auf diese Herausforderungen eingehen und mögliche bauliche Szenarien aufzeigen.
Mit der Skalierung für eine Klimatisierung von Stadtraum im Allgemeinen und Architektur im Besonderen, visioniert „the Breathing Ground“ vorbildhaft eine regenerative Architektur als „Form Follows Environment“.
Jurystatement
Aus den Einreichungen hatte die Jury – bestehend aus Anna-Vera Deinhammer, Angelika Fitz und Thomas Romm – sechs Konzepte für die Shortlist nominiert, die bis Ende August 2024 weiter auszuarbeiten waren. In einem weiteren Jurymeeting im September wurde die Gewinnerin Anna Orbanic aus Kroatien für ihr Projekt „The Breathing Ground. (sub)terranean architecture as an environmental instrument” als Siegerin ausgewählt. Am 15. Oktober 2024 wurde ihr der mit 10.000 Euro dotierte Preis feierlich übergeben.
Die weiteren Teilnehmer:innen der Shortlist erhielten jeweils eine Aufwandsentschädigung von 2.000 Euro. Diese ging an: „An Inevitable Metamorphosis: A Hypothesis for Redefining Architecture” von Mahboobeh Rezaei (IRN/AT); an „Comromise” von Airat Zaidullin mit Dina Kiyamova, Daria Shel, Radmir Valeev (RUS); an „Die Entsiegelte Stadt – Stadtraum als Ressource der Zukunft“ von Nathaniel Loretz mit Pia Bauer und Carina Loretz (AT); an „Habitecture. Architektur der Koexistenz“ von Wolfgang Novotny (AT) sowie an das Projekt „Bauen macht Boden“ von Anna Popelka mit Georg Poduschka (AT).
Klimareaktiv bauen
Anna Orbanic konzentriert sich mit ihrem Projekt „The Breathing Ground. (sub)terranean architecture as an environmental instrument” auf Wien, das – wie viele andere Städte – zusehends von Klimawandel und Extremtemperaturen betroffen ist. Der ausgewählte Ort befindet sich auf einer Brachfläche, einer der städtischen Hitzeinseln von Wien, und dient als Versuchsstandort für ihren Designvorschlag: ein unterirdisches Theater und darüber liegende performative Gärten. Der Entwurf fungiert als Prototyp einer neuen architektonischen klimareativen Typologie.
Das vorgeschlagene Bauwerk versteht sich – durch seine Form, Physiologie und vertikale Ausdehnung – als eine klimatische Einrichtung, die einen unterirdisch gelegenen. In dem entstehenden neuen öffentlichen Raum bleiben die Temperaturen über das ganze Jahr hinweg stabil. Durch die unter der Erde liegende Konstruktion wird es möglich, mit Hilfe des Aushubmaterials den oberirdischen Bereich auszudehnen und damit windexponierte Türme zu errichten. Diese Türme, die in ihrer Bauhöhe über die benachbarten Dächer hinausragen aktivieren den Ventilationsprozess, da sie beständig dem Wind ausgesetzt sind. Die gesamte Konstruktion wächst weiter, öffnet Raum für oberirdisch gelegene Gärten und schafft gleichzeitig ein unterirdisches Netzwerk, das einen Kühlungseffekt für angrenzende Gebäude und die städtische Umgebung erzeugt.
Die junge Architektin Anna Orbanic hat ihr Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien mit den Schwerpunkten Ökologie, Nachhaltigkeit und Kulturerbe abgeschlossen. Ihre Arbeit und Forschung sind darauf ausgerichtet, natürliche Prozesse zu beobachten und von ihnen zu lernen. Mittels multidisziplinärer Zusammenarbeit bezieht Anna Orbanic häufig Menschen unterschiedlicher Bereiche mit ein, um so die Grenzen der Architektur und die Art und Weise, wie wir unsere gebaute Umwelt planen, zu erweitern.
Die Jury entscheid einstimmig zugunsten Anna Orbanic’s Projekt „the Breathing Ground. (sub-)terranean architecture as an environmental instrument“ und zeigte sich von der Preiswürdigkeit der visionären Kraft, der Vielschichtigkeit und der Ganzheitlichkeit des eingereichten Konzepts überzeugt.
Ziel des biennal ausgelobten Superscape steht die Etablierung einer langfristigen Ideenwerkstatt, die durch visionäre Konzepte einen Beitrag für heutige und zukünftige Architektur und Stadtentwicklung geben kann.