Otl Aicher gilt als einer der wichtigsten deutschen Gestalter des 20. Jahrhunderts. Er hat die Unternehmenskultur des Premium-Beschlagherstellers FSB aus dem westfälischen Brakel nachhaltig geprägt: Am 13. Mai 2022 wäre Otl Aicher 100 Jahre alt geworden.
Aichers hundertsten Geburtstag nimmt FSB zum Anlass, anhand unterschiedlicher Projekte nicht nur Aichers Arbeit, sondern auch den Menschen Otl Aicher in den Fokus zu rücken und Aichers Bedeutung für das Unternehmen zu würdigen. Begonnen hat die intensive Zusammenarbeit zwischen Otl Aicher und FSB Mitte der 1980er Jahre mit einem Besuch des damaligen Geschäftsführers Jürgen Werner Braun in Aichers Atelier in Rotis. Dieser verdankt die Franz Schneider Brakel GmbH + Co KG nicht nur ihr prägnantes Firmenlogo, denn der Pionier der visuellen Kommunikation entwickelte für FSB ein bis ins letzte Detail durchdachtes Erscheinungsbild, um dessen Corporate Identity in ihrem eigentlichen Sinn zum Ausdruck zu bringen. Unter anderem entstand auf Otl Aichers Anregung zur Selbstreflektion die Edition „Greifen und Griffe“, eine viel beachtete Buchreihe, die heute 16 Bände umfasst.
Erfolgreiche Zusammenarbeit
Bis heute macht es sich FSB zur Aufgabe, Produkte herzustellen, die nicht nur formal und ästhetisch überzeugen, sondern auch in Sachen Ergonomie und Benutzerfreundlichkeit Maßstäbe setzen.
Aus Anlass Otl Aichers 100. Geburtstags legt FSB den Ende der 1980er Jahre in kleiner Stückzahl für Aichers Atelier in Rotis produzierten Türdrücker nun in einer limitierten Auflage von 100 Stück auf. Im Rahmen von „FSB Handmade“ wird dieser als handgefertigtes Unikat in Aluminium naturfarbig sowie in Aluminium gestrahlt, schwarz eloxiert produziert. Aicher war bekennender Bewunderer des Handform-Designs von Johannes Potente aus den 1950er Jahren. Diese Entwürfe waren die Ideengeber für die von ihm formulierten „Vier Gebote des Greifens“, auf denen basierend es sich FSB fortan zur Aufgabe machte, Produkte für die Hand herzustellen, die nicht nur formalästhetisch überzeugen, sondern auch in Sachen Ergonomie und Benutzerfreundlichkeit neue Maßstäbe am Markt setzten. Die Ansprüche an gutes Handformdesign erfüllt eine Türklinke demnach, wenn sie Daumenbremse, Zeigefingerkuhle, Ballenstütze und Greifvolumen aufweist.
Bekannt ist auch Aichers Begeisterung für das Modell FSB 1147, die Türklinke „per se“ nach einem Entwurf von Ludwig Wittgenstein, aus der der legendäre Grafikdesigner letztlich auch das markante FSB-Logo entwickelte. Aichers Türdrücker FSB 1305 weist im Gegensatz zu Wittgensteins Türklinke neben der Daumenbremse auch eine Zeigefingerkuhle, eine breite Ballenstütze und ein relativ üppiges Greifvolumen auf – woraus sich letztlich eine sehr gute Ergonomie und Handhabung ergeben, wenn sich darin auch seine leicht klobige Anmutung begründet.
Treibende Kraft radikalen Wandels
„Otl Aicher ist für das Grafikdesign das, was Dieter Rams für das Produktdesign ist“, sagt der britische Designer Jasper Morrison. „Eine treibende Kraft des radikalen Wandels im Designdenken, der sich in den 1960er und 1970er Jahren vor allem in Deutschland vollzog und der in beiden Bereichen neue Maßstäbe für Perfektionismus und Modernität setzte.“ Otl Aicher, 1922 in Ulm geboren und seit 1952 mit Inge Aicher-Scholl verheiratet, Seine war Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung Ulm und Gestaltungsbeauftragter der Olympischen Spiele 1972 in München. Seine Gestaltungsrichtlinien für die Olympischen Spiele reichten von der Uniform bis zur Eintrittskarte. Mit seinen radikal reduzierten Piktogrammen erfand er eine neue, leicht verständliche Zeichensprache. Seine durch eine Klarheit der visuellen Signale überzeugenden und universell einsetzbaren Piktogramme führt FSB auch heute noch im Sortiment. Otl Aicher gilt als einer der Wegbereiter des Corporate Designs, er war Mitgründer der legendären Ulmer Schule, Grafiker, Typograf und Kommunikationsdesigner. Sein Werk ist nach wie vor präsent, so etwa in den bekannten Sportarten-Piktogrammen, die er als Gestaltungsverantwortlicher für die Olympischen Spiele 1972 in München entwickelte oder im Corporate Design von Unternehmen wie mit der Entwicklungsgruppe 5 für Lufthansa, ZDF, Braun, dem Küchenhersteller Bulthaup, der Lichtfabrik ERCO und eben FSB.
Otl Aichers Persönlichkeit und Haltung sind mit seinem Werk auf bemerkenswerte Weise verbunden: Gegner des Nationalsozialismus, mit den Scholl-Geschwistern befreundet und später mit Inge Scholl verheiratet, von der Wehrmacht desertiert, mit der Ulmer Schule die soziale Verantwortung des Designs formulierend und Zeit seines Lebens politisch aktiver streitbarer Bürger, der, wie ein Wegbegleiter meint, heute sicher jeden Freitag für die Zukunft des Planeten auf die Straße gehen würde.