Mit der nachhaltigen Nutzung, gerechten Verteilung der natürlichen Ressource Wasser und der drohenden Wasserknappheit befassen sich zahlreiche visionäre Projekte unterschiedlicher Bereiche wie Wissenschaft, Architektur, Kunst und Design. Das Wiener MAK widmet sich in einer Kooperation mit dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) und dem Jane Withers Studio London in der Ausstellung „Water Pressure“ der gestalterischen Zukunft einer nachhaltigen Nutzung von Wasser.
Laut den Vereinten Nationen haben etwa 2 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 3,5 Milliarden leben ohne sanitäre Grundversorgung. Gleichzeitig und ohne uns darüber groß Gedanken zu machen, spülen wir weiterhin sauberes Trinkwasser die Toilette hinunter. Umdenken ist angesagt, um die weltweite Wasserproblematik und ihre zum Teil dramatischen Auswirkungen zu lösen: Wasserknappheit, Dürren, Verschmutzungen von Gewässern und Grundwasser, Hochwasserereignisse oder eine schwindende Artenvielfalt begleiten uns mittlerwile weltweit. Eine der wichtigsten Herausforderungen ist hierbei ein sorgsamer Umgang mit dieser lebensnotwendigen Ressource. Die multidisziplinäre Ausstellung „Water Pressure“ nimmt die Gestaltung für die Zukunftdes Elements Wasser ins Visier und widmet sich hierbei der Rolle von Design bei der Gestaltung einer nachhaltigen Wasserzukunft.

Für eine radikale Veränderung
Visionäre Konzepte zur Bewahrung, der nachhaltigen Nutzung und gerechten Verteilung von Wasser sind zu sehen. Objekte und Installationen die mehrheitlich auf Prinzipien der Natur zurückgreifen, zeigen innovative Wege aus der globalen Wasserkrise bzw. für eine radikale Veränderung der aktuellen Lage auf. In Wien wurde die Ausstellung um historische Objekte des MAK und anderer Wiener Institutionen, sowie um Videos und Installationen zeitgenössischer Künstler:innen und Designer:innen ebenso wie um österreichspezifische Projekte und Statistiken erweitert.
Noch vor Betreten der Ausstellung können Besucher:innen im gläsernen Verbindungstrakt des MAK bei einer vom Wiener Designbüro EOOS entwickelten Installation selbst das hygienische Händewaschen bei minimalem Wasserverbrauch testen: „SafeTap“ hat das in der Lösung ökologischer Problematiken sehr engagierte Wiener Designbürofür Schulen im Globalen Süden entwickelt, um Handhygiene an Orten ohne fließendes Wasser zu ermöglichen. Im Eingangsbereich der Ausstellung wird man dann von der eindrucksvollen überdimensionalen Videoarbeit „And Beneath It All Flows Liquid Fire“ (2019) von Julian Charrières empfangen. Der Künstler hat das Bild des traditionellen Brunnens neu interpretiert und Wasser durch Flammen ersetzt, um daran zu erinnern, dass der durch Magma aus dem Erdkern entstandene Wasserdampf einst zur ersten Ozeanbildung beigetragen hat. Auch exklusiv in Wien zu sehen, ist die Arbeit des niederländischen Designerinnen-Kollektivs Dutch Invertuals, das mit einer neuen Variante deren Installation „Flow“, die Reise eines Wassertropfens durch verschiedene Terrains aus natürlichen wasserabweisenden Materialien wie Schafwolle begleitet.

Auf der Suche nach Auswegen
Viele der in aufgezeigten Krisen scheinen uns allerdings noch immer eher utopisch, ist doch das Leben in Wien durch hohe Lebensqualität und Wasserreichtum geprägt. Seit mehr als 150 Jahren kommt sauberstes Trinkwasser über die Wiener Hochquellwasserleitung aus dem Gebiet der Ostalpen direkt aus dem Wasserhahn. Der Hochwassergefahr konnte Wien mit dem Wiener Hochwasserschutz auch mithilfe der Errichtung der Wiener Donauinsel weitgehend trotzen und dabei auch ein beliebtes Freizeitareal schaffen. Dennoch hat uns das letzte Hochwasser des Wienflusses im Herbst 2024 gezeigt, dass trotz aller Maßnahmen ein plötzlich steigender Wasserpegel auch in Wien durchaus zur Gefahr werden kann.
Wir alle tragen zur Wasserkrise bei, nicht zuletzt durch den Verbrauch von Energie, Nahrungsmitteln und Konsumgütern, deren Herstellung einen übermäßig großen Anteil des weltweit entnommenen Süßwassers verschlingt. Aus unterschiedlichsten Blickwinkeln widmet sich die Ausstellung den komplexen Zusammenhängen von Energieverbrauch, Nahrungsmittel- und Konsumgüterüberfluss, deren Produktion ein große Menge an Süßwasser verbraucht: Wasser ist der einzige Stoff, den es auf unserem Planeten, in der Natur in drei Aggregatzuständen gibt: flüssig als Wasser, fest in Form von Eis und gasförmig als Wasserdampf und Klima, Wasserkreislauf ebenso wie die Lebensbedingungen alles Lebewesen bedingt. Water Pressure ist in fünf thematische Kapitel unterteilt:
Water Stories erzählt in einer vielfältigen Collage aus Ideen und Beispielen verschiedener Epochen und Kulturen von der kulturellen Bedeutung von Wasser, um das Verständnis für seine Rolle im Ökosystem wiederzuerwecken. Dieses Kapitel ziegt auch zahlreiche indigene Strategien und Praktiken, die heute als Inspiration für naturbasierte Lösungsansätze herangezogen werden können.
Bodily Waters erkundet das Wassermolekül und damit seine enge Verbindung zu menschlichen und nicht menschlichen Körpern. Hier geht es dabei auch um 3 globale Ungleichheiten beim Zugang zu sauberem Wasser.

In Thirsty Cities werden innovative Lösungen für die Wasserkrise in internationalen Metropolen wie Chennai, London, Mexiko-Stadt, Kopenhagen und Lagos, um Wasserknappheit, Verschmutzung und Überflutungen vorgestellt.
Invisible Water thematisiert den Wasser-Fußabdruck von Landwirtschaft und Industrie und skizziert neue Wege zur Reduktion von Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung. Neue Konzepte der Wassernutzung, die Kreislaufmodellen und Prinzipien aus der Natur folgen, versuchen einen Systemwandel einzuleiten.
Ecosystems zeigt alternative Ansätze, die bei der Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Mensch und Natur helfen können. Flussregulierungen, Staudämme, die Trockenlegung von Feuchtgebieten und die Entnahme von Grundwasser, zerstören Ökosysteme, die biologische Vielfalt und den Wasserkreislauf. Hier vorgestellte Lösungen berücksichtigen zum Teil auch lokales und indigenes Wissen.
Gestaltet wurde die Ausstellung vom belgischen Designstudio 51N4E. Dabei wird auf die Verwendung Kohlenstoff-negativen Materials des Produzenten Søuld zurückgegriffen, das aus Seegras gewonnen und unter besonders wenig Wasserverbrauch erzeugt wird. Zum Entstehen der Ausstellung „Water Pressure“, die nun nach dem MK&G Hamburg und dem Museum für Gestaltung Zürich für das MAK adaptiert und mit weiteren Projekten angereichert wurde, leistet auch ein Expert:innenbeirat verschiedener Disziplinen einen wichtigen Beitrag.
bis 7. September 2025
www.mak.at