Früher, als die Zeiten noch besser waren, es keinen Gendermainstream gab, Frauen zu Hause bei den Kindern mit dem Essen auf ihre Männer und auf die Stille-Post durch den bereits stark alkoholisierten Briefträger auf seinem Puchschammerl warteten, traf Mann sich zum Politisieren wahlweise beim Kirchenwirten, wenn das kleine Kaff einen Pfaffen hatte, oder beim Gasthof zur Post oder Bahn, je nach Naheverhältnis zur staatlichen Infrastruktur. Der große Stammtisch gab bis spät in die Nacht allen die gleiche Heimat, egal ob Bankdirektor, Gendarmerie, Großbauer, Keuschler oder Hausierer. Das in der nächsten Stadt gebraute Bier war vom Fass, die mit Schnee selbstgebrannte Zwetschke gab es nach jedem Bummerl. Die Wirtstochter erfüllte im Rauchernebel jeden späten Männertraum, hatte noch stramme Wadln, der Klaps auf den Arsch wurde mit frechem Schmäh gekontert und mit allgemeinem Gelächter honoriert. Es wurde den gefallenen Kameraden und dem eigenen täglichen Heldentum bei der Arbeit gedacht, das politische Tagesgeschehen des tiefschwarzen Gemeinderates kompetent kommentiert, über die Dorfdeppen gelästert, über ins bodenlose fallende Milchpreise, Pacht- und Jagdvergaben debattiert und über längst verjährte Grundgrenzvergehen gestritten. Der Totengräber schlichtete am Ende und gab als einzige richtige Antwort auf alle Fragen zu Protokoll, dass er sie alle noch ganz gerecht und gleichberechtigt unter die Erde bringen werde. Zeit war relativ, die Dinge gingen ihren Lauf, der Job war dank Gewerkschaft sicher, Alkoholismus noch kein Kündigungsgrund. Man wusste, wo sich der Mann aufhielt, die Frau brauchte kein Tracking und engmaschiges Anrufcontrolling.
Die einst eingeschworene Dorfgemeinschaft ist mittlerweile weltoffen und der Dorfkern leer – durch unkontrollierten Ab- und Zuzug und gewollte Raumentwicklung entlang der Landesstraße mit aneinandergereihten Schachteln und doppelt so großen Parkplätzen, die zum neuen Zentrum des öffentlichen Lebens geworden sind. Heute heißt es in der Kälte stehen beim Hendlgrill, der sich schneidig Grill & Chill nennt, sich über drei angemietete Stellplätze erstreckt und der Kunststoffrasen für die notwendige Sicherheit gegenüber der Fahrgasse sorgt. Das Wirtschaftskonzept setzt auf Flexibilität und Mobilität und sein Kundenkreis wird stetig in Richtung Jugend und Menschen mit Migrationshintergrund ausgeweitet, indem es wahlweise Burger, Pizza und Kebab anbietet. Das schnelle Blonde geht aber immer, nun auf internationalen Braustandard angepasst mit Aluminiumbeigeschmack. Am heiligen Sonntag und für Nachtschwärmer gibt es Gras, CBD und Energy Drink beim Automaten Shop 24/7. Statt Anschreiben heißt es heute, der Bankomatcontainer steht eh daneben, bequemer geht´s zwar mit Karte oder Handy, aber nur Bares ist Wahres und Schwarzgeld braucht der Österreicher sowieso immer. Das Postshop ist zusätzlicher Frequenzbringer und die Urne mit dem Vermerk zerbrechlich wartet abholbereit. Für längere Aufenthaltsdauer sorgen Heizschwammerl im Partyzelt, spätestens um 20 Uhr ist dennoch Schluss, man achtet auf ausgewogene Work-Life-Balance. Fürs Schnellworkout geht´s zum Klettern statt Knien in die Kirche und statt gekegelt wird Richtung Mekka gebetet.
Aber wie heißt es so schön in Österreich, „schau ma mal“ – ja, bloß keine Veränderung.