2004 vom Ziegelspezialisten Wienerberger ins Leben gerufen wird der internationale Brick Award seither alle zwei Jahre für herausragende mit Ziegeln realisierte Architektur vergeben. 2024 wurden nun zum insgesamt elften Mal Projekte in fünf Kategorien ausgezeichnet.
Die Jury aus fünf international renommierten Architekt:innen zusammengesetzte Jury wählte die Siegerprojekte aus insgesamt 743 Einreichungen: die französische Architektin Christelle Avenier von Avenier Cornejo Architectes, Christine Conix, Architektin in Belgien von Conix RDBM Architects, die holländische Architektin Ingrid van der Heijden von CIVIC architects, der polnische Architekt Wojciech Malecki von Maleccy biuro projektowe sowie Boonserm Premthada, Architekt in Thailand und Gründer des Bangkok Project Studio. Sie alle wählten die auszuzeichnenden aus einer Vorauswahl von 50 Nominierten in fünf Kategorien: „Feeling at home“, „Living together“, „Working together“, „Sharing public spaces“ und „Building outside the box“ – sowie einen Gesamtsieger nach Kriterien wie Ästhetik, Nachhaltigkeit und Innovation.
Das Potenzial des Ziegels ausschöpfen
Große Herausforderungen wie die immer schlagender werdenden Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels zwingen auch Architekt:innen in ihren Enwtürfen mehr und mehr darauf zu reagieren. Räume zu schaffen, die uns weitgehend Schutz bieten, die dabei aber dennoch auch erschwinglich sind zwingt Antworten zu finden und neue konstruktiv nachhaltige Wege zu gehen, unter Einsatz innovativer ressourcenschonender und emissionsarmer Materialien sowie alternativen Energien. Genau dieses Engagement zeigen auch die diesjährigen eingereichten und ausgezeichneten Projekte des Brick Award. Denn „abgesehen von ästhetischen und strukturellen Qualitäten sind ihre Projekte Ausdruck des Innovationsgeistes, der für die Bewältigung der heutigen Herausforderungen erforderlich ist“, betont Heimo Scheuch, CEO von Wienerberger. „Vom schonenden Umgang mit Ressourcen bis zum Bauen im Bestand haben diese kreativen Köpfe Lösungen gefunden, die das noch immer riesige Potenzial des Ziegels voll ausschöpfen. Wir sind stolz darauf, diese Pioniere auszuzeichnen und zu unterstützen“, so Scheuch.
Und die diesjährigen Gewinner demonstrieren eben genau das Potenzial, das Ziegel als traditionsreicher und dabei stets aufs Neue, innovativ einsetzbarer, vielseitiger Baustoff zu bieten hat.
Eine Kathedrale für den Sport
So durfte sich etwa das britische Büro Níall McLaughlin Architects für sein Projekt „International Rugby Experience“ über den Hauptpreis, den Grand Prix 2024 und den Gewinn der Kategorie „Sharing public spaces, freuen. Das für den Nationalsport Rugby errichtete Ausstellungs- und Veranstaltungszentrum in Limerick bezieht sich ganz bewusst formal auf die klassischen Sakralbauten der Stadt ohne den Bezug zu den umliegenden Bauten im Georgianischen Stil zu verlieren, von der Gebäudekonfiguration, über formale Elemente bis hin zu den Ziegelfassaden. Und dabei wird der Ziegel mehr als nur dekorativ eingesetzt, denn er dominiert innen wie außen. Dies wird dadurch verstärkt, dass auch die Beton- bzw. Stahlelemente ziegelrot sind und das zieht sich durch das gesamte Gebäude, vom „Grand Portico“ über das zweigeschoßige Foyer, vom Café bis zum Shop, von den Ausstellungs- bis zu den Bildungsräumen, selbst bis in den öffentlichen Veranstaltungsraum mit seiner verglasten Bekrönung mit Panoramablick über die ganze Stadt.
Eine doch sehr beachtliche Anzahl von Ziegeln, fast eine halbe Million, versichern die Architekten, wurden hier verbaut. Man mischte drei handgefertigte Ziegelarten, um den sich am besten an die Nachbarbauten anpassenden Farbton zu finden. Selbst die Abmessungen das Bauwerks wurden an die Formate der Ziegel angepasst, nicht zuletzt auch, um Abfall zu minimieren.
Den Stadtraum aufwerten
Der Preis in der Kategorie „Feeling at home“ ging an Studio Equipo de Arquitectura aus Paraguay, für ihr „Intermediate House“, das auf einem äußerst schmalen, langgestreckten Grundstück ein dennoch durchlässiges, lichtdurchflutetes Wohnhaus schafft. Auf die nahen Nachbarn die nahe an die Grundstücksgrenze drängen reagierte die Architektur mit hohen unverputzten Ziegelwänden entlang der Längsseiten des Bauwerks. Was wie ein Problem klingt, ist tatsächlich Teil des Konzepts und ein Schlüsselelement im gekonnten Spiel von Licht und Schatten, hierzu gehört auch die Zonierung gemeinschaftlicher und privater Bereiche sowie der Low-Tech-Umgang mit den klimatischen Bedingungen. Zur Straßenseite hin ist das Haus leicht zurückversetzt, dahinter wurde eine weitere Backsteinmauer als licht- und luftdurchlässiger Filter konzipiert und leitet über in einen Empfangsbereich.
In der Kategorie „Living together“ für Mehrfamilienhäuser konnte sich das argentinische Team von Estudio Arqtipo durchsetzen. Ihnen gelang es, den zehn Wohnungen aufnehmenden Bau auf einem schmalen Eckgrundstück im Bordwesten von Buenos Aires, so anzuordnen, dass durch die gewählte bewegte Fassadenkonfiguration jede Einheit Zugang zu einem privaten Außenbereich erhält. Und diese Ecke hat etwas Besonderes: periskopartige Balkone, die aus der Fassade herauswachsen und sich in unterschiedliche Richtungen ausstülpen. Mit diesem ausdrucksstarken Element erhält das Haus eine einzigartige Identität, bietet den Bewohner:innen einen schattigen Außenbereich und verwebt diesen mit dem öffentlichen Raum.
Die irischen Architekturbüros Grafton Architects und O’Mahony Pike Architects siegten in der Kategorie „Working together“ mit deren gemeinsam entwickeltem Bürogebäude des Electricity Supply Board of Ireland. Es gelang moderne Baustandards und die historische Ästhetik Dublins äußerst stimmig zu verschmelzen. Die prägenden Merkmale des Projekts sind die Verflechtung von bebauten und grünen Flächen und eine strukturelle Lochfassade, die sich an den Ziegelflächen im städtebaulichen Kontext orientiert. Der neue Hauptsitz des Electricity Supply Board (ESB) ist nun auf einer Fläche von 120 mal 60 Metern nutzbar und ein durchlässiges, sich an architektonischer Tradition orientierendes Stück Stadt und dabei auch ein Beispiel moderner Büroarchitektur mit räumlicher Gestaltung, Ressourcennutzung und der Entwicklung eines hochwertigen Arbeitsumfelds.
An das Gemeinschaftsprojekt der Studios Hanghar aus Spanien und Palma aus Mexiko ging der Preis für „Building outside the box„. Für ihre temporäre Installation anläßlich eines Architektur- und Designfestivals in einem engen Durchgang in der spanischen Stadt Logroño wählten die Architekten eine künstlerische Ziegelkonstruktion mit dem Titel „Types of Spaces“, die Besucher:innen auf Ziegelsplitter-Boden, durch unterschiedliche Baustile geleitet. Die Vielfalt der Sinnesempfindungen wird unterstützt, denn das Gehen erfordert Aufmerksamkeit und Langsamkeit. „Es ist eine poetische Reise durch verschiedene Raumschemata“, sagt Jurymitglied Christine Conix.